:: Offener Brief zur Polizeiaktion gegen die RTS Luzern :: |
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Themen
| Repression/Knast
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04-12-2007 17:02 |
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AutorIn : Sonnenberg-Gefangene
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: http://
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Die Leidtragenden des brutalen Polizeieinsatzes vom 1. Dezember in Luzern fordern von der Stadt, sich öffentlich für die Missstände im Sonnenberg-Zivilschutzanlage-Gefängnis zu entschuldigen. Untenstehend der Brief, welcher an Sicherheitsdirektorin Stämmer und Poizeikommandant Röhtlisberger gesandt wurde.
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Offener Brief an Ernst Röthlisberger und Ursula Stämmer-Horst betreffend
Polizeieinsatz gegen das friedliche Strassenfest vom 1. Dezember
Sehr geehrter Herr Röthlisberger, sehr geehrte Frau Stämmer
Wir, die Opfer der missglückten EM-Generalprobe, sind schockiert und teilweise psychisch traumatisiert von den Haftbedingungen in der Zivilschutzanlage Sonnenberg. Sie haben bewusst in Kauf genommen, dass die friedlichen jungen Menschen in folgenden unmenschlichen Haftbedingungen ausharren mussten:
- Masslos überfüllte Zellen: Teilweise fehlte der Platz, um sich auf den dreckigen Betonboden zu setzen. - Fehlende Lüftung: Die Folge waren Temperaturen bis über 30 Grad, extrem bis unaushaltbare Luftverhältnisse. - Einigen Gefangenen wurde es untersagt auf das WC zu gehen. Das Resultat war, dass einige in der Zelle urinieren mussten und so die Gefangenen in Urinlachen verweilen mussten. - Stundenlang keine Rechtsmittelbelehrung. - Stundenlanges Warten um sich dann nackt ausziehen zu müssen, obwohl die Kleider zum Teil nicht kontrolliert wurden. Also eine reine Schikane. - Auch nach 10 Stunden Gewahrsam stand keine Verpflegung zur Verfügung. - Viele der Inhaftierten mussten über mehrere Stunden mit zu stark angezogenen Kabelbindern oder auf den Knien sitzend ausharren, bis sie ihre Finger oder Beine nicht mehr spürten. - Bei der Verhaftung wurde gegen mehrere wehrlose Menschen Pfefferspray mitten in das Gesicht gesprüht. - Bei der Freilassung wurden die meisten in Industrieareale von Agglomerations- gemeinden verfrachtet, ohne Anschluss an öffentliche Verkehrsmittel.
Sie haben in den Medien bereits zugegeben, dass diese Zivilschutzanlage für solche Anlässe nicht „optimal“ sei. Für 245 Menschen kommt diese Erkenntnis zu spät. Wir sind der Überzeugung, dass es nicht als Erfolg gewertet werden kann, wenn 245 friedliche Menschen wie Tiere eingesperrt werden.
Im Gegenteil, wir fordern Sie auf, sich öffentlich bei den Geschädigten für diese Haftbedingungen zu entschuldigen.
Grüsse
Die Geschädigten
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Es flog kein Stein - trotzdem wurde hart durchgegriffen
Die Polizei von Luzern stellt sich auch drei Tage nach den Vorfällen rund um die Demonstration im Vögeligärtli auf den Standpunkt, dass der Einsatz gerechtfertigt war. Einzig in Bezug auf die prekären Zustände der Hafträume im Sonnenbergtunnel sieht die Luzerner Sicherheitsdirektorin Handlungsbedarf.
«Wir waren stundenlang gefesselt»
«Jeder wusste, dass eine Demonstration stattfinden wird»
Kritik an Stämmer wegen Demo-Einsatz
Eines ist klar: Das «Strassenfest», zu der die «Aktion Freiraum» am Samstagabend, 1. Dezember ins Luzerner Vögeligärtli gerufen hat, war unbewilligt. Wer trotzdem willentlich vor Ort an der Demonstration teilnahm, handelte widerrechtlich. Doch wie verhält es sich bei jenen Personen, die sich aus reiner Neugierde oder einfach per Zufall in dieser Luzerner Parkanlage aufhielten? Wie konnte es geschehen, dass Sie trotzdem während Stunden von der Polizei festgehalten wurden?
«Jeder wusste davon, dass im Vögeligärtli an diesem Samstagabend eine unbewilligte Demonstration stattfinden wird», sagte Einsatzleiter Ernst Röthlisberger, Kommandant der Stadtpolizei Luzern, gestern zu 20minuten.ch. Die Demo sei im Vorfeld in den Medien breit angekündigt worden, betonte Röthlisberger. Deswegen wurden die auf dem Platz stehenden Menschen nicht dazu aufgefordert, die Besammlung aufzulösen, bevor die Polizisten zur Festnahme schritten. Doch nicht alle haben die «Neue Luzerner Zeitung» und das «Zofinger Tagblatt» gelesen, in denen am 1. Dezember darauf hingewiesen wurde, dass die Veranstaltung auf dem Vögeligärtli nicht bewilligt wurde.
Es gilt das Prinzip der Verhältnismässigkeit
In Luzern wie in anderen Kantonen gilt bei solchen Einsätzen das Prinzip der Verhältnismässigkeit. Die verantwortlichen Einsatzleiter müssen vor Ort entscheiden, ob eine Gefahr von der Situation ausgeht, die ein sofortiges Einschreiten rechtfertig. Für Ernst Röthlisberger war dies am vergangenen Samstag der Fall. Ganz anders sahen es die Demonstranten selbst. «Es flog kein Stein, nichts war zerstört und dennoch drückten die Polizisten die Leute zusammen, als wären sie Schwerverbrecher», schilderte Cyrill P. die Situation. Ernst Röthlisberger hingegen sah, dass ein Teil der Demonstranten sich bereist daran machte, die Strassen zu blockieren und veranlasste ein sofortiges Einschreiten der Polizisten.
Warten im Urin
In der Folge wurden 245 Personen festgenommen und in den Bunker im Sonnenbergtunnel bei Luzern gebracht. Dort herrschten prekäre Zustände. «Mit mir waren etwa 50 weitere Verhaftete auf einem Raum von 28 m2 zusammengepfercht. Ich war dort etwa sieben Stunden lang. Es gab keinen Platz zum liegen oder den Rücken an einer Wand zu entspannen. Urin floss durch den Raum und es gab keine Möglichkeit, auf die Toilette gehen zu können», erzählt Cyrill P. Seine Schilderungen decken sich mit jenen von anderen Betroffenen. Richard Huwiler, Informationsbeauftragter der Kantonspolizei Luzern, hält dem entgegen, dass alle auf Verlangen zur Toilette geführt worden seien. «Einzelne haben dieses Angebot nicht genutzt und in die Zelle uriniert.»
Es hätte noch länger dauern können
Bis in den Sonntagmorgen hinein wurden die Personen im Bunker festgehalten. Erst um 7.30 Uhr kamen die letzten Inhaftierten wieder frei. «Priorität hatten Jugendliche und Frauen. Zwei schwangere Frauen wurden umgehend entlassen, nachdem die Polizei Kenntnis von ihrer Schwangerschaft hatte», betont Richard Huwiler gegenüber 20minuten.ch. «Trotz schwieriger Umstände dauerte der Polizeigewahrsam maximal 11 Stunden. Damit wurden die gesetzlichen Möglichkeiten von 24 Stunden deutlich unterschritten.»
Sicherheitsdirektorin sieht Handlungbedarf
Wegen dem rigorosen Vorgehen der Polizei geriet die Luzerner Sicherheitsdirektiorin Ursula Stämmer bereits ins Kreuzfeuer der Kritik. SP und Grüne fordern weitere Informationen über die genauen Umstände der Festnahmen - FDP, CVP und SVP befürworten die Massnahmen der Polizei. Stämmer selbst gibt in einem Interview gegenüber der «Neuen Luzerner Zeitung» zu, dass bezüglich der Unterbringung der Festgenommenen im Sonnenbergtunnel Handlungsbedarf bestehe. «Die Polizei hat den Auftrag, die Situation zu analysieren. Alternative Hafträume müssen geprüft werden.»
Tina Fassbind, 20minuten.ch